99 Problems, but the mind ain't one
Im Februar 1989 bin ich über eine epochale Entdeckung auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften gestolpert. Sollten Sie diese Aussage für anmaßend halten, ist das bedauerlich, aber nicht zu ändern. Vielleicht lesen Sie trotzdem noch ein Stückchen weiter.
Die Ursache für endogene Psychosen ist eine biologische, habituelle, sprachliche, intrapersonelle Feedbackschleife zwischen einem unidirektionalen Kommunikationskanal im zerebralem Sprechapparat und dem Rest des Gehirns, die dann entsteht, wenn Betroffene ihre eigene Sprachfähigkeit gegen sich selbst richten und versuchen, sich dadurch selbst zu ergründen (und allgemein zu tieferen Erkenntnissen zu gelangen).
Bei den dabei entstehenden »Gedanken« handelt es sich nicht um Inhalte echter Kognition, sondern um ein sprachliches Echo in ihrer Wahrnehmung, das es ohne das Phänomen der sprachlichen inneren Feedbackschleife gar nicht gäbe. Durch den »Blick nach innen«, die innere Beschäftigung mit der Deutung der Ereignisse aus der sprachlichen zerebralen Feedbackschleife, entstehen erst die inneren Inhalte in ihrer Wahrnehmung, die es für die Betroffenen erforderlich erscheinen lassen, sich damit näher zu beschäftigen.
Die Inhalte der inneren Feedbackschleife können im Zusammenhang mit äußeren Ereignissen stehen, müssen es aber nicht.
Betroffene erscheinen gesünder, wenn sich die Distanz zu ihren inneren Wahrnehmungen vergrößert. Ein Betroffener bezeichnete der Autorin gegenüber die innere Feedbackschleife als sein »psychisches Radio, das manchmal nur Quatsch sendet«.
Stellen Sie sich vor, dass Sie in einem Theaterstück mitspielen, in der Figur A der Stimme von Figur B bedingungslos und ohne zu zögern gehorcht, weil Figur A glaubt, Figur B sei ihr persönlicher Gott.
Figur A betrachtet sich selbst als niedere Existenz, die erst durch die Zuwendung von Figur B erlöst wurde.
Nun stellen Sie sich bitte vor, dass Figur A in dem Theaterstück beide Rollen spielt und dass Figur B nur als Projektion im Kopf von Figur A erscheint, weil Figur A sich erhofft, sich durch die Phantasie der göttlichen Natur von Figur B die Eigenschaften und Fähigkeiten einer anthropomorphen Gottheit zu eigen zu machen, die sich Figur A wünscht, um sich von ihrem Gefühl der Minderwertigkeit zu befreien.
Dadurch transformiert sich in der Phantasie von Figur A die außenstehende Gottheit zur inkorporierten göttlichen Eigenschaft von ihr selbst.
Dies ist das Modell einer schizotypischen kognitiven Dissoziation, die wesentliche Regungen und Leistungen des Körpers als Tätigkeit einer im Körper angenommenen metaphysischen Wesenheit interpretiert und aus Sicht der Autorin das Kriterium des Spaltungsirreseins erfüllt.
Ich gehe davon aus, dass das Modell bei vielen Betroffenen den Tatsachen entspricht.
Die Betroffenen erleben sich selbst als die göttliche Figur B, die in Figur A wohnt und beherrscht, da Figur A ohne Figur B nur Körper, d.h. »ohne Geist« ist. Figur B, d.h. in ihrer Phantasie sie selbst, ist ein göttlicher Homunkulus, der ein niederes Tier (Figur A) steuert und zu »Höherem« führt.
In Wirklichkeit dreht sich aber alles nur um A und die Phantasien von A. B existiert weiterhin nur in der Phantasie von A.
Im heutigen Gesellschaftsmodell leiden viele »ganz normale Menschen« unter Beobachtungs- und Verfolgungswahn, weil sie glauben, dass sie sich zum Zwecke der Selbstoptimierung ständig selbst beobachten und beurteilen müssen. Das drückt sich in Sprüchen wie z.B. »der Geist beherrscht den Körper« aus. Sie nennen ihre innere Gefangenschaft durch die angenommene Homunkulus-Herrschaft ihren »freien Willen« und haben Angst vor der Ekstase - also das Figur B die Figur A verlässt, weil Figur A diese Phantasie aufgibt, indem sie Figur B nicht mehr gehorcht.
Man hat ihnen die verinnerlichte Beherrschung durch Figur B anerzogen, damit sie sich »richtig benehmen«. Etwa 1% haben mindestens einmal in ihrem Leben eine Phase, in der sie glauben, dass die Stimmen des Homunkulus von außen kämen, die ihnen die Ergebnisse ihrer Selbstbeobachtungen und Selbstbeurteilungen verkünden.
Das liegt nur daran, dass sie meinen, sie müssten in der Rolle des göttlichen inneren Homunkulus dem Gehirn des niederen Tieres dessen Meinungen und Gedanken vorsagen. Es ist eine Anpassungsleistung an leider immer noch autoritäre Gesellschaftsverhältnisse. Menschen, die »Stimmen hören« reden gleichzeitig auch mit sich selbst. Ich frage jetzt mal spöttisch: Vielleicht besteht da eventuell ein Zusammenhang?
Der Zusammenhang ist mitterweile durch Beobachtung der Gehirne von »Stimmenhörern« mit funktionaler Magnetresonanztomographie nachgewiesen. Ich schrieb das schon 1989, ohne Professorin zu sein und über die passenden Apparate zu verfügen.
Es ist doch witzig, dass heute Professoren der Neurowissenschaften durch Studien mit großen Maschinen an ihren Patienten das nachweisen, was sie bei sich selbst ständig im eigenen Gehirn erleben. Oder sehr traurig.
So weiß zum Beispiel der Schweizer Professor Peter Brugger (der Vater der Kabarettistin Hazel Brugger, btw), mit dem ich eine Weile per Email kommuniziert habe, dass er im Gehirn mit sich selbst redet und auch die Stimmenhörerinnen und -hörer, die er und seine StudentInnen untersucht haben. Er kann auf den Gehirnscans auf die bei den zerebralen Selbstgesprächen aktiven, aufleuchtenden Areale zeigen und deren Funktion benennen und grobe Zusammenhänge erkennen, aber er findet Selbstgespräche zwischen A = B und B = A normal, in denen B = A mit A = B redet, solange A seine eigenen Stimmen im Kopf wiedererkennt.
Für tiefere Diskussionen mit mir fehlten ihm die Zeit und die Energie. Vielleicht auch die Lust. Andere, ausser Noam Chomsky und Wolf Singer, haben gar nicht geantwortet. Charles Fernyhough empfahl mir lediglich, sein sinnloses Buch über innere Selbstgespräche zu lesen, die er selbst ständig betreibt.
Die Auffassung von Brugger und die vieler anderer Wissenschaftler ist zwar heute alles andere als ungewöhnlich, aber trotzdem nicht gesund. Weil sie aber selber betroffen sind, fällt es ihnen nicht leicht, es zu begreifen oder zu akzeptieren. Es werden also weitere Jahrzehnte und Jahrhunderte ins Land gehen.
Seit 1989 habe ich in öffentlichen Vorträgen, Internet-Postings, Social Media, Aufklebern, Plakaten, Flugblättern, Podcasts, Emailkonversationen mit Geistes- und Neurowissenschaftlern, vier Büchern, Radiobeiträgen, im Kabarett und mehreren tausend persönlichen Gesprächen die intuitive Anstrengung unternommen, es meinen Mitmenschen zu erklären.
Ich erreiche damit wirklich nur eine sehr kleine Minderheit und selbst die versteht mich kaum. Die übergroße Mehrheit versteht es einfach nicht. Sie wischt meine Worte einfach weg oder fühlt sich sogar herabgesetzt, angegriffen, beleidigt oder vorsätzlich provoziert.
Letzteres wird mir häufig zum Vorwurf gemacht, absichtlich mit einer negativen Absicht zu provozieren oder zumindest schrecklich undiplomatisch zu sein, aber ich tue das nicht und ich sehe darin auch keine »Schuld« von meiner Seite.
Wenn ich sage, dass es sich bei meinem Anliegen um eine epochale Entdeckung handelt - was ich bislang extrem selten und nur in privaten, persönlichen Gesprächen gewagt habe - wird mir entgegen gehalten, ich sei anmaßend oder man hält mich für verrückt oder zumindest für sehr schrullig, arrogant oder exzentrisch. Wenn die Leute es mir direkt ins Gesicht sagen, kann ich von Glück reden.
Aber es wäre falsch, wenn ich das zurückhalten würde.
Die Ignoranz meiner Mitmenschen führe ich darauf zurück, dass sie sich ständig Fragen im Kopf stellen, weil sie glauben, dass die richtigen Antworten schon drin sind. Sie müssen eben nur noch von ihrem Ego freigelegt werden und von niemand anderem sonst. Diese Methode hat sich dem Vernehmen nach bei ihnen bestens bewährt und hat stets das letzte Wort. Input von außen stört da nur.
Ich stelle mir keine Fragen und mache mir keine Gedanken. Ich werde intuitiv vom Gehirn gesteuert. Meine Zeitgenossen_innen reden dagegen ständig davon, was sie mit ihrem Gehirn anstellen, so als wäre es ein kleines Hündchen an einer Leine.
Wenn ich Ihnen sage, dass es keinen Sinn macht sich selbst zu beobachten und zu beurteilen, dann schauen Sie nur dumm drein oder versuchen mit mir Streit anzufangen.
Das wäre überhaupt kein Problem, wenn die Dummen nur eine kleine Minderheit wären.
Das Zitat »Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit, und beim Universum bin ich mir nicht so sicher« stammt nicht von Albert Einstein, aber es könnte gut von ihm stammen, denn dieses Zitat hier ist wirklich von ihm:
»Die Majorität der Dummen ist unüberwindbar und für alle Zeiten gesichert. Der Schrecken ihrer Tyrannei ist indessen gemildert durch Mangel an Konsequenz.«
Menschen wie Albert Einstein sind eine schrecklich kleine Minderheit. Auch Albert Einstein hat geschrieben, dass er sich manchmal einsam und verlassen gefühlt hat und sich mit dem Gedanken getröstet hat, dass da draußen noch ein paar andere Menschen sind wie er, in Zeit und Raum verstreut.
Es gibt aber nicht nur Menschen, die mich ablehnen und komisch finden. Ich habe auch ein paar Fans, vor allem aus der Freifunkerszene und aus dem Umfeld des Chaos Computer Clubs, die meine Arbeit für freie Netze kennen und schätzen, obwohl ich die alleine als Zeitvertreib aus intuitivem Spass an Computern, drahtloser Datenübertragung, Algorithmen und sozialem Engagement unternommen habe. Das sind natürlich beste Voraussetzungen für gutes Gelingen. »Es irrt der Mensch, so lang er strebt« schrieb Goethe im Faust I. Ja, Goethe war gut.
Dadurch habe ich mir ein gewisses Social Standing erarbeitet, ohne das zu planen. Ich versuche auch meine eigentliche Arbeit ohne Streben zu bewältigen, aber angesichts der Umstände ist es wirklich nicht leicht, die ganze, verdammt lange Zeit über innere Ruhe zu bewahren und doch geht nichts ohne sie voran.
Die meisten Menschen definieren mich über meine Freifunk-Aktivitäten oder Technik-Hacks und schätzen mich vor allem deshalb, obwohl es für mich eigentlich nur ein Hobby ist, mit dem ich mich zur Entspannung beschäftige und mittlerweile auch etwas Geld verdiene, da meine eigentliche Arbeit nicht honoriert wird.
Die Gefahr, dass ich mit meiner Arbeit an der Ignoranz und der Feigheit meiner Zeitgenossen scheitere, schätze ich trotz des Internets, das weit reicht und angeblich nichts vergisst, als sehr groß ein. Ich verdiene an meiner Arbeit nichts, sondern stecke nur Ressourcen rein und bekomme dafür sowohl Anerkennung als auch Ärger zurück.
Deswegen befürchte ich, dass meine Arbeit nach meinem Tod in Vergessenheit gerät und dass meine Anstrengungen, der Menschheit zu dienen, im Großen und Ganzen vergeblich waren. Was bringen schon ein paar hundert freie Community-Mesh-Netzwerke weltweit?
Immerhin muss ich hier in Berlin nicht damit rechnen, dafür weggesperrt oder umgebracht zu werden.
Der Glaube, dass das Denken der Freiheit des Willens unterworfen sei, ist eine fürchterliche und wirkmächtige fixe Idee, deren Geheimnis bislang unergründet ist.
Es ist Zeit, dass sich das ändert.
Willensfreiheit ist die subjektiv empfundene menschliche Fähigkeit, bei verschiedenen Wahlmöglichkeiten eine bewusste Entscheidung treffen zu können - und damit ist es notwendigerweise eine Illusion, wie der Philosoph Arthur Schopenhauer bereits im 19. Jahrhundert festgestellt hat:
Der Mensch kann tun, was er will, aber er kann nicht wollen, was er will.
Subjektiv erleben Menschen, dass sich ihr Ich (Ego) im Rahmen seiner Möglichkeiten frei entscheiden kann.
Der Freiheitsbegriff bedeutet ihnen zweierlei:
Ich darf mich frei entscheiden (stehe nicht unter Zwang)
Ich kann mich frei entscheiden (ich kann über meinen Willen verfügen)
Für ersteres sollten wir streiten. Letzteres ist eine fatale Illusion, die wir ausräumen sollten und die mit ersterem in einem negativen Zusammenhang steht.
Der Freiheitsidee, dass wir bewusst subjektiv entscheiden können widerspricht Schopenhauer:
Wir treffen unsere Entscheidungen aufgrund äußerer und innerer Umstände. Ein »freier« Wille, dessen Freiheit darin bestünde sich unabhängig von äußeren und inneren Umständen entscheiden, würde rein zufällige, d.h. völlig willkürliche Entscheidungen treffen.
Wenn Sie nicht wissen, ob Sie lieber Linsen mit Reis oder Kartoffeln essen möchten, können Sie ebenso gut eine Münze werfen.
Egal, ob Sie die Münze werfen oder sich durch ihren »freien Willen« so oder so entscheiden: Das Ergebnis ist rein zufällig oder Ihre Entscheidung wurde von unbewussten Faktoren beeinflusst, die Sie bei Ihrer »bewussten« Entscheidung nicht wahrgenommen haben.
Die Entscheidung für Reis und gegen Kartoffeln ist kein Beweis für den Wert und die Entscheidungskraft zufälliger Entscheidungen des »freien Willens«.
Dasselbe gilt für einen freien Geist: Ein freier Geist, der unabhängig von äußeren und inneren Umständen - nämlich der dUmwelt und dem Gehirn - Entscheidungen träfe, würde statistisch rein zufällige, sachlich nicht begründete, d.h. völlig willkürliche Entscheidungen treffen. Die einzige Alternative ist, dass das Gehirn dem bewussten Denken einen Streich spielt, weil das bewusste Denken die Grundlagen seiner Entscheidungen gar nicht kennt.
Ein »freier Geist«, ein »freier Wille«, der in wichtigen Entscheidungsmomenten rein zufällige Entscheidungen träfe, ohne in Wirklichkeit vom Gehirn gesteuert zu werden, wäre keine rationale Freiheit des Denkens, sondern eine Krankheit des Gehirns.
Kurz: Es ist eine Illusion, zu glauben, dass wir einen rationalen freien Geist haben, der unabhängig oder sogar gegen das Gehirn darüber entscheidet, was das Gehirn denkt, aber die Illusion » Herr im Haus« zu sein gibt vielen Menschen ein beruhigendes Gefühl.
Wenn es nun aber tatsächlich so ist, dass prinzipiell immer das Gehirn entscheidet, warum spielt dann die Frage überhaupt eine Rolle, ob wir glauben, dass wir einen freien Geist haben oder nicht, da das Gehirn ja sowieso völlig davon unabhängig t, was wir glauben?
Weil viele Menschen ihre Entscheidungen tatsächlich von den zufälligen Launen ihrer Illusion des freien Willens abhängig machen und dann willkürliche, irrationale Dinge tun.
Ich habe gesagt, dass der freie Wille eine Illusion ist. Ich habe nicht gesagt, dass die Illusion nicht vorhanden ist und ich habe auch nicht gesagt, dass die Illusion des freien das Gehirn nicht beeinflussen kann.
Das klingt zunächst wie ein Widerspruch, darum lassen Sie mich versuchen, das aufzuklären.
Guten Tag! Mein Name ist freier Wille und ich sage meinem Gehirn, was ich denke. Allerdings tut mein Gehirn nicht immer das, was ich ihm sage. Meistens sogar das Gegenteil.
Allerdings ist das eine Erkenntnis, um die die meisten Menschen intellektuell einen weiten Bogen machen.
Dafür gibt es massgeblich zwei Gründe:
Naiven Zeitgenossen und -genossinnen schmeichelt einerseits die Idee, die Freiheit zu haben, sich über ihre eigenen Wünsche, Begierden, Instinkte und Triebe hinweg setzen zu können, zumal sie anderseits gelernt haben, dass sie für das freie Ausleben ihrer eigenen Wünsche, Begierden, Instinkte und Triebe mit harten Sanktionen rechnen müssen, wenn sie sich nicht im Sinne von anderen selbst beherrschen. Dabei können die Regeln und Gesetze völlig zufällig und sinnfrei sein, so lange sich die Mehrheit nur daran hält.
Nehmen Sie in der Öffentlichkeit Ihre innere Burka ab. Oder brennen Sie als Christ mit einem Moslem durch.
Sie werden sehen: Andere haben eine unsinnige Sperrlinie um Ihr Verhalten gezogen, die Sie im Rahmen Ihrer Enkulturation verinnerlicht haben. Da Ihnen das Eingeständnis dieser Situation unangenehm ist, geben Sie sich lieber der Illusion hin, dass Sie sich selbst und nicht andere Sie durch Ihren »freien Willen« unter Kontrolle haben.
Ich höre schon den Einwand:
»Aber es ist doch gut, dass ich und jeder andere nicht einfach machen darf, was er will!«
Denken Sie das selbst, oder wollen andere, dass Sie das denken? Sie glauben also, dass es für die menschliche Gesellschaft ungeheuer schädlich wäre, wenn jeder gesunde Mensch im Vollbesitz seiner kognitiven Fähigkeiten die Freiheit hätte, einfach das zu tun oder zu lassen, was er selbst aus freien Stücken tun oder lassen möchte?
Glauben Sie wirklich, dass Sie dazu in der Lage sind, Ihre Gedanken auch nur ansatzweise zu kontrollieren?
Wenn Sie von sich und ihrem Gehirn sprechen, mit wem rede ich dann eigentlich? Mit dem mentalen Agenten des Nichthirns?
Die Mutter eines Freundes, eine spießige schwäbische Hausfrau, hat es sogar noch radikaler formuliert:
Glauben Sie denn, dass Sie selbst ein Ungeheuer in Menschengestalt sind, dem man unter großen Schmerzen beibringen musste, sich selbst zu beobachten und im Zaum zu halten, weil Sie nur dann ein wertiges Rädchen im Getriebe sind, das gefahrlos an der Gesellschaft teilnehmen darf?
Haben Sie die Gefahr, die von Ihrer eigenen tierischen Monströsität ausgeht, dadurch gebannt, dass Sie gelernt haben, sich selbst als Geist zu beobachten und zu kontrollieren?
Hat man Sie anschließend großzügigerweise in die beschränkte Freiheit der Selbstbeherrschung entlassen?
Nun, so können wir die Diskussion über ihre sogenannte »Willensfreiheit« an dieser Stelle beenden. Ihre Willensfreiheit besteht nämlich einzig und alleine darin, dass Sie sich innerlich und äußerlich in das gefügt haben, was andere von Ihnen verlangen. Nur manchmal, im Geheimen lassen Sie es eventuell heraus. Dann führen Sie ein Doppelleben. Ihr äußeres und Ihr inneres Erleben sind getrennt.
Träumen Sie sich in ihren Gedanken in ein anderes Leben, als das, was Sie in Ihrem Alltag verkörpern?
Sie haben gelernt, dass die Idee, dass ein herrschender Geist in ihrem Körper wohnt, wertvoller ist als Sie.
Es ist sehr schmerzhaft, wenn man nach einem langen Leben, dass man so geführt hat, erkennen muss, dass das falsch war. Die Wahrheit kann sehr schmerzhaft sein, aber wenn man sich dem Schmerz stellt, wirkt sie befreiend.
Da die übergroße Mehrheit die Illusion der Willensfreiheit für real hält und ihr äußeres Verhalten durch ihre innere Vorstellungswelt beeinflusst ist, ist der Aberglaube, dass das Denken selbst der Freiheit des Willens unterworfen sei, eine ungeheuer wirkmächtige fixe Idee.
Wie aber Arthur Schopenhauer bereits im 19. Jahrhundert ausgeführt hat, kann es nicht sein, dass wir die Freiheit haben, darüber zu entscheiden, was wir wollen: Wir können tun, was wir wollen, aber wir können nicht wollen, was wir wollen. Merken Sie sich das!
Das Gehirn muss stets schneller als der Geist sein, denn ohne Gehirn wäre der Geist nichts. Nicht einmal existent. Der Geist denkt in Worten. Ohne Gehirn wüsste er nicht einmal, dass es Worte gibt, geschweige denn, dass er wüsste, was sie bedeuten.
Und tatsächlich gibt es viele Geister, die die Bedeutung von Worten vergessen haben und deren Geplapper völlig sinnlos ist. Sie füllen gelegentlich die Strassen und rufen: »Heil Hitler!«.
Ein solcher »freier Wille« entbehrt jeglicher rationaler Grundlage, denn er müsste, um in dieser Welt zu existieren, selber das Produkt eines freien Willens sein.
Ich glaube aber nicht, dass es einen freien Willen gibt, der das Produkt eines freien Willens ist.
Anders ausgedrückt: Wir können uns dafür entscheiden, das zu tun, was unser Gehirn denkt, aber wir können nicht entscheiden, was unser Gehirn denkt.
Diese Einsicht hat Menschen wie Albert Einstein Toleranz gelehrt.
Jeder Mensch ist dazu verdammt, das zu sein, was er ist. Zieht man eine Sperrlinie um ihn, wird er krank.